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Interview mit Schulleiter Stefan Kunze

Hallo, Herr Kunze, wie geht es Ihnen?

Danke, mir geht es gut. Ich bin gesund, der Frühling kommt (Fahrradtouren!) und es gibt viele tolle neue Bücher zu lesen!

 

Macht angesichts der Corona- Krise und den vielen damit einhergehenden Regelungen der Job als Schulleiter noch Spaß?

Im Großen und Ganzen macht mir der „Job“ noch Spaß. Natürlich ist Schulleitung in der Pandemie nicht immer lustig. Aber man bleibt definitiv flexibel- und dies hält jung.

 

Ein Jahr kämpfen wir nun auch an der Schule mit dem Thema Corona. Hätten Sie gedacht, dass das derart lange gehen würde?

Nein, niemals hätte ich dies gedacht! Wir alle erleben solch eine Pandemie zum allerersten Mal. Erfahrungen gab es deshalb keine. Im Frühjahr 2020 bin ich noch davon ausgegangen, dass das Schuljahr 20/21 „coronafrei“ ablaufen wird. Sehr naiv, muss man im Rückblick sagen.

 

Sind Sie mit der Arbeit der verantwortlichen Bildungspolitiker während der Corona- Zeit zufrieden?

Das ist eine gute und berechtigte Frage. Ganz ehrlich: Ich möchte nicht in der Haut der verantwortlichen Politiker stecken. Es gibt so vieles zu bedenken, bevor man eine „richtige“ Entscheidung fällen kann: die Wirtschaft, die Bildung, das Soziale, die Demokratie… Der Abwägungsprozess ist verdammt schwierig und das Finden von gesellschaftlich notwendigen Maßnahmen kann sicherlich nicht dem Stammtisch überlassen werden. Viele Menschen sind heutzutage so schnell in der Kritik. Kritik äußern geht ja auch sehr einfach. Außerdem nützen Querdenker und rechte Populisten das Thema aus, um unsere Gesellschaft (noch mehr) zu spalten. Da müssen wir wachsam sein und bleiben. Zurück zur Frage: Im Großen und Ganzen war ich zufrieden! Manchmal hätte ich mir frühzeitiger mehr Informationen vom Schulamt in Böblingen gewünscht.

 

Was hätten Sie gerne anders gemacht?

Ich hätte auf jeden Fall jeder Schule mehr Spielraum für eigene Entscheidungen gegeben. Die räumlichen Bedingungen sind überall unterschiedlich. Und die Lehrersituation sowieso…!

 

Wie ist es Ihnen privat während der ganzen Zeit ergangen?

Sehr gut! Wir haben im letzten Jahr viel zu tun gehabt, weil wir innerhalb von Weil der Stadt umgezogen sind. Langweilig wurde es uns nie! Außerdem bin ich Anfang Oktober Opi einer total süßen Tilda geworden. Trotzdem vermisse ich natürlich das Zusammensein mit Freunden, den Kino-und den Konzertbesuch, Spiele im Wildparkstadion und vieles mehr. Aber wir werden das Virus besiegen und dann wird alles wieder möglich sein.

 

Wie war die Zusammenarbeit mit dem Kollegium?

Durch die Pandemie gab es weniger Kontakt untereinander. Beim Fernlernen sah ich wochenlang fast niemanden. Konferenzen haben wir aufs Nötigste reduziert. Im Kollegium gab und gibt es sehr unterschiedliche Meinungen zum Umgang mit der Pandemie. Ich konnte den Erwartungen der Lehrerinnen und Lehrer nicht immer gerecht werden. Das führte teilweise zu Frust und Ärger. Auf beiden Seiten. Ich hatte manchmal das Gefühl, dass von dem einen oder anderen vergessen wurde, dass der ganz „normale Schulalltagswahnsinn“ (Zeugnisse, Prüfungen, Schuletat, Schulanmeldungen, Schüler- und Elterngespräche, Prognosen und Statistiken..,) weiterhin zu erledigen war. Dass dies nun nicht falsch verstanden wird: Größtenteils habe ich sehr viel Rückhalt im Kollegium verspürt.

 

Und wie haben Sie in diesen Monaten die Schülerinnen und Schüler erlebt?

Ich unterrichte seit September die 6er und die 9er. Die 9er die ganze Zeit in Präsenz, die 6er im Fernlernen und in Präsenz. Ihr könnt euch vorstellen, dass der Unterricht im Klassenzimmer angenehmer, besser und gewinnbringender ist. Es ist einfach etwas anderes, wenn du die Schüler direkt vor dir sitzen hast und du an der Mimik und Gestik erkennen kannst, ob verstanden worden ist, was du gerade erklärt hast. Abgesehen davon, dass ein Gespräch nach der Stunde oder auf dem Gang mit einem „digitalen Kontakt“ nicht vergleichbar ist. Ich freue mich auf die Zeit, in der alle Schüler wieder in die Schule kommen dürfen. Hoffentlich noch im Jahr 2021.

 

In den Medien wird manchmal von einem verlorenen Schuljahr, teilweise sogar von einer verlorenen Generation gesprochen. Wie sehen Sie das?

Die jetzige Schülergeneration ist keine verlorene Generation! Das ist mediale Übertreibung und Überspitzung. Aber natürlich fehlen den Schülern die sozialen Kontakte, das Training im Sportverein und ihre Hobbys. Wie den Erwachsenen auch! Ob das Schuljahr 2020/21 ein verlorenes gewesen ist? Nein, sicherlich nicht! Das Fernlernen oder Homeschooling hat im Laufe der Zeit immer besser funktioniert. Aber klar ist auch, dass die Wissenslücken bei den meisten Schülern nicht kleiner geworden sind. Das werden wir in den nächsten Monaten und vielleicht auch Jahren deutlich zu spüren bekommen. Dabei geht es unter anderem um das Fehlen von grundsätzlichen Dingen wie das „Kleine Einmaleins“ im Rechnen, die Vokabeln im Fach Englisch oder die einfachsten Rechtschreibregeln im Fach Deutsch. Ich bin mir sicher, dass in den deutschen Schulen sehr viele Schüler freiwillig wiederholen, sitzenbleiben oder die Schulart wechseln müssen, wenn ihnen das viele Lernen zu mühsam und zu anstrengend wird. Letztlich müssen die Schüler selbst und deren Eltern merken, wann eine Überforderung eintritt. Und dann müssen die richtigen Konsequenzen gezogen werden.

 

Denken Sie, dass wir ein „normales“ nächstes Schuljahr erleben werden?

Ich habe aus gutem Grund aufgehört, bezüglich der Pandemie Prognosen abzugeben. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt…!

 

Wird es im nächsten Schuljahr Neuerungen an der Würmtalschule geben?

Ja, die wird es geben. Wir werden viele neue Schüler bekommen (nicht nur in die Klassen 1 und 5) und auch neue Lehrerinnen und Lehrer. In der Klasse 5 wird es das neue Fach Ethik eingeführt und die Ganztagesschule wird hoffentlich wieder erst um 14.45 Uhr enden. Außerdem wird die Schule in Sachen „Digitalisierung“ weitere Schritte gehen können (auch in der Grundschule!) und auch die Schulhöfe unten und oben werden aufgewertet werden. Mehr will ich aber im Moment nicht verraten…!

 

Vielen Dank für das Gespräch!

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